DOYLE BRAMHALL II
Doyle Bramhall II ist Sänger, Gitarrist, Komponist und Produzent - und einer der unverwechselbarsten Musiker unserer Zeit. Nicht umsonst bezeichnet ihn Eric Clapton, der über ein Jahrzehnt lang mit Bramhall zusammengearbeitet hat, als einen der talentiertesten Gitarristen, dem er je begegnet ist.
Der Sohn der früh verstorbenen Musikerlegende Doyle Bramhall wuchs in einer Umgebung auf, die vom Blues und Rock’n’Roll seines Heimatstaats Texas geprägt war. Sein Vater spielte Schlagzeug und war daneben ein ausgezeichneter Songwriter und Sänger, den Zeit seines Lebens eine enge musikalische Freundschaft mit den Brüdern Stevie Ray und Jimmie Vaughan verband. Nicht umsonst stammen zwei der bekanntesten SRV-Songs - »Change it« und »Life by the Drop« - aus Doyle Bramhalls Feder.
Doch auch der jüngere Bramhall - ein außergewöhnlicher, eigenständiger Gitarrist, der als Linkshänder eine für Rechtshänder bespannte Gitarre einfach umgedreht hat und spielt – ist ein langjähriger Weggefährte der Vaughn-Brüder: Stevie gehörte zu seinen engen Freunden und förderte die Anfänge seiner musikalische Karriere, und Jimmie lud den damals 18-jährigen Doyle dazu ein, bei den Fabulous Thunderbirds mitzuspielen. Nach Stevies tragischem Tod 1990 gründete Bramhall II gemeinsam mit dem Gitarristen Charlie Sexton die Arc Angels und konnte dafür auch Drummer Chris Layton und Tommy Shannon am Bass gewinnen - Stevie Rays berühmte Rhythmusgruppe aus Double Trouble-Zeiten.
Das gleichnamige Debütalbum der Arc Angels bestach durch großartige Songs wie »Living in a Dream« and »Sent by Angels«. Doch die Band löste sich nach einigen Jahren wieder auf, und 1996 brachte Bramhall II sein erstes Soloalbum auf den Markt - Doyle Bramhall II, dem die von den Kritikern gefeierten Alben Jellycream (1999) und Welcome (2001) folgten. Zu dieser Zeit erregten seine beispiellose Fähigkeiten an der Gitarre nicht nur die Aufmerksamkeit von Eric Clapton - auch Roger Waters von Pink Floyd war begeistert und präsentierte Doyle Bramhall II auf seinen In the Flesh-Touren 1999, 2000 und 2002 sowie auf den dazugehörigen CDs und DVDs.
Clapton war der Nächste in der Reihe der Bramhall-Bewunderer. Im Jahr 2000 lud er Doyle ein, bei seinem nächsten Album als Gitarrist und Songschreiber mitzuwirken: Das Ergebnis war das mit einem Grammy ausgezeichnete Riding with the King von Clapton und B.B. King. Danach stieg Bramhall fest in Claptons Band ein, und bei den darauffolgenden Tourneen begeisterten beide die Fans in aller Welt mit ihren spektakulären Gitarrenduellen, die Erinnerungen an frühere Clapton-Triumphe zu Derek & the Dominoes-Zeiten weckten. Auch auf den beiden nächsten Clapton-Alben Me and Mr. Johnson und Sessions for Robert J - beide 2004 erschienen und im selben Raum in Dallas aufgenommen, in dem Robert Johnson 1937 seine legendären Bluessongs eingespielt hatte - war das faszinierende Zusammenspiel von Clapton und Bramhall zu hören. Daneben steuerte Bramhall auf Claptons Alben Reptile (2001), Back Home (2005) und The Road to Escondido (2006) eine Reihe eigener Songs bei und war bei den Aufnahmen zu Clapton (2010) und Old Sock (2013) als Co-Produzent beteiligt. 2013 schloss Doyle Bramhall sich Clapton erneut an, begleitete ihn auf seiner Tour zum 50-jährigen Bühnenjubiläum und spielte auf seinem Album The Breeze: An Appreciation of JJ Cale (2014 erschienen).
Neben seiner Zusammenarbeit mit Clapton machte Doyle Bramhall II sich auch als Komponist, Gitarrist und Produzent bekannter Stars einen Namen. Dazu gehört eine Reihe prestigeträchtiger Projekte mit u.a. T-Bone Burnett, Elton John, Gary Clark, Jr., Gregg Allman, Dr. John, Robert Randolph, Allen Toussaint, Billy Preston, Erykah Badu, Questlove, Meshell Ndegeocello sowie Sheryl Crow, zu deren Album 100 Miles from Memphis er 2011 einige Songs beisteuerte, dazu produzierte und als Gitarrist der Tourband auf die Bühne brachte. Im Jahr 2015 tat er sich mit dem Ausnahmegitarristen Derek Trucks zusammen (beide waren schon Ende der 2000er Jahre, damals noch in Diensten von Clapton, in einem Artikel der Guitar World als »die neuen Gitarrengötter« vorgestellt worden) und stieg bei der Tedeschi Trucks Band ein, zu der auch Trucks' Frau Susan Tedeschi gehört. Bramhalls Songs und Gitarrenarbeit sind auf jedem der drei Alben zu hören, die die von Kritikern und Fans gleichermaßen geliebte Tedeschi Trucks Band bis heute veröffentlicht hat.
Bei diesen ganzen Verpflichtungen war es kein Wunder, dass Bramhall seit Welcome kein Soloalbum mehr auf den Markt gebracht hatte. Doch er nutzte diese Zeit dazu, sein Können als Produzent zu perfektionieren und einen ganzen Vorrat an Ideen und Songs anzulegen, so dass er bei der Vorbereitung für sein neuestes Soloalbum Rich Man aus dem Vollen schöpfen konnte. Rich Man (am 30. September 2016 bei Concord Records erschienen) dokumentiert die intensive musikalische und spirituelle Reise, die ihn auf der Suche nach neuen Sounds ans andere Ende der Welt führte und die ihm den inneren Frieden brachte, den er seit dem Tod seines Vaters 2011 gesucht hatte.
Seit 2008 - und danach verstärkt in den Jahren nach dem Tod seines Vaters - hat Bramhall ausgedehnte Reisen durch Indien und Nordafrika unternommen. Der Einfluss dieser Reisen auf Rich Man zeigt sich in Songs, in denen die Sarangi (ein klassisches nordindisches Streichinstrument, hier virtuos gespielt von Ustad Surjeet Singh) und die Oud im Vordergrund stehen (eine bauchige arabische Kurzhalslaute, auf dem Album eingespielt von Bramhalls Oud-Lehrer Yuval Ron, dem renommierten israelischen Komponisten, Solisten und Arrangeur).
Ebenfalls auf Rich Man zu hören ist Norah Jones, mit der Bramhall seit Jahren in Abständen von etwa sechs Monaten auf Konzertreise geht. Ihr Duett »New Faith« auf Bramhalls neuem Album steht stellvertretend für die Hoffnung, dass Menschen lernen, über all das hinauszuschauen, was sie trennt, und statt dessen neue Wege und Sichtweisen für ein friedliches Miteinander finden, basierend auf gegenseitigem Respekt und Verständnis.
Rich Man zeigt Bramhall an einem Scheidepunkt - einerseits aufgrund der vielen unterschiedlichen Musikstile des Albums, die von klassischem amerikanischem Blues bis zu musikalischen Einflüssen und Arrangements aus aller Welt reichen, andererseits aufgrund seiner Reisen ins eigene Ich und dem daraus entstandenen spirituellen Wachstum, das in seinen Texten zum Ausdruck kommt.
»Ich habe vor einiger Zeit ein Zitat von Charles Mingus gelesen«, so Bramhall nach der Fertigstellung von Rich Man. »Er meinte, dass er beim Spielen weniger einem Musikstil folgen, sondern vielmehr die Sounds seines Lebens und seiner Erfahrungen durch das Medium der Musik ausdrücken würde. Das trifft es für mich ziemlich genau.«