Black As Chalk (Indie / Göttingen)
„Ouro“ Tour 2018
Live im Sputnik Café!
„Indie-Rock machen viele - aber nur wenige machen es so gut“ schreibt das Visions Magazin über die Göttinger. Man muss sie lieben, darf sie hassen. Ignorieren unmöglich. Am 14.09.18 erscheint ein das neue Album der Band via Magic Mile Music. Im Herbst tourt das Trio durch Europa.
Video „Snake Handler“:
https://youtu.be/5QBXHkIaZxE
Support: Imperial Tunfisch (Psychedelic Indie/ Belgien)
Video „Army Of 17“:
https://youtu.be/DhBJp7rhTrw
Einlass: 20:00
Beginn: 20:30
Tickets: www.spider-promotion.de/tickets & www.eventim.de
Black As Chalk:
„Ouro“
In meiner Heimatstadt gab es früher einen Plattenladen. Das Geschäft verbarg sich abseits der Fußgängerzone in einer schmalen Seitenstraße. Je nach Sichtweise war es der Beginn oder das Ende der Innenstadt. Dicht an dicht versammelte der bärtige Besitzer auf gerade einmal 25 Quadratmetern die gesamte Geschichte der in Manufaktur hergestellten Musik. Für die Elektronik waren die jungen Hipster in der Zentralpassage zuständig. Der Bärtige nannte seine dunkle Höhle „Pop-Shop“, obschon sein Sortiment bis in die tiefsten Schluchten satanischer Todesmusik hinabreichte. Eine Unterteilung nach Genre gab es in den Fächern nicht. Jedes Werk wurde stoisch nach den Buchstaben des Alphabets sortiert. Wer für Vater das neue Studioalbum der unermüdlichen Rolling Stones suchte, kam beim Blättern unweigerlich mit den Ramones oder der Rollins Band in Kontakt. Den Weg zu Miles Davis kreuzten Dark Funeral oder The Damned. Die Kaufentscheidungen seiner Kunden kommentierte der stets rauchende und Kaffee trinkende Besitzer niemals. Stattdessen beeinflusste er sie dadurch, während der gesamten Öffnungszeiten rustikale Geheimtipps aufzulegen, deren sperrigem Charme und dämmerblauer Atmosphäre sich niemand zu entziehen vermochte, der für Rock abseits des Radioprogramms auch nur ein halbes Herz und Ohr besaß.
Hätte es zu jener Zeit bereits ein Album wie „Ouro“ gegeben – es wäre in diesem Laden rauf und runter gelaufen. Mehr noch: Das Göttinger Quartett hätte den Bärtigen zu einem seiner besonders aktiven Tage angeregt, in denen er die Platten nicht einfach bloß durchlaufen ließ, sondern einzelne Stücke auf zwei Plattenspielern ineinandermischte. Die immense Vielseitigkeit von „Ouro“ bietet dieses Kunststück an, wurzelt das Album doch tief in den verschiedensten Traditionen der Rockgeschichte und streckt seine Äste und Zweige zugleich in mehrere Richtungen aus. Der Bärtige hätte es auf dem linken Plattenteller liegen lassen und auf dem rechten wie im Reißverschlusssystem neuere und ältere Klassiker hineingemischt. Der schroffe Garagenrocker „Snake Handler“ wäre zum partnerschaftlichen Pogo mit den Stooges oder MC5 vor die Bühne geschubst worden. Beim Flüstern und Schleichen des spookigen „The Commuter“ wären Noten und Code-Schnipsel der Rille entstiegen und hätten sich im blauen Dunst über den Tellern mit einem Klanggeflecht von The Notwist verbunden. „Take My Place“ hätte den frühen Placebo den Hängeort des Hammers gezeigt und sie per Zeitmaschine zu „The Bitter End“ angeregt. Zur kargen Akustikballade „Letting Go“ wäre Johnny Cash aus dem Schatten zwischen den Regalen getreten. Eine ganz besondere Freude hätten Black As Chalk dem eifrigen Mischer mit den atmosphärisch dichten Brocken „In This Gloom“ und „Helmet Off“ gemacht, eröffnen diese Klänge doch jedem musikalischen Missionar die Möglichkeit, dem geneigten Kunden gleich noch die geheimen Meisterwerke des Noiserock von Dinosaur Jr. über My Bloody Valentine bis hin zum Frühwerk von Blackmail vorzustellen. So denn einer fragt…
Der Bärtige war kein heiterer Mann. Seine Stimme nuschelte grummelig, seine Augen musterten einen mit Skepsis und in sein Gesicht hatten sich die Spuren eines Lebens eingegraben, in dem Einhörner allenfalls von Wilderern geschossen werden. Geschah es jedoch, dass ein Kunde auf seine Turntables zeigte und aktiv danach fragte, was gerade dort zu hören sei, strahlte er wie ein kleines Kind. Zur Überraschung des Fragenden hätte er daraufhin nicht nur dieses Album hervorgezogen, sondern gleich noch weitere drei, die Black As Chalk seit 2007 ihren Seelen, ihren Instrumenten und den von Fachwerk durchsetzten Nieselregengassen ihrer uralten Stadt abgerungen haben. Wäre die Band außerdem gerade auf Tour gewesen, hätte er dem Kunden ein paar Tickets über die Theke geschoben; echte Billets auf von seinem Zigarettenqualm bereits angegilbten Papier.
Der Bärtige hatte mit seinem Laden immer zu kämpfen. Selbst Mitte der Neunziger, als der Verkauf physischer Tonträger seinen Höhepunkt erreichte, R.E.M. einen Vorschuss in dreistelliger Millionenhöhe erhielten und es in den selbstgebauten Holzkästen auch CDs zu kaufen gab. Er lebte nicht von der Musik, sondern für die Musik. Gleiches gilt (noch) für Black As Chalk, die zur Finanzierung ihres dritten Albums sogar eine Ersatzgitarre versetzten und nun auf „Ouro“ auch das Piano abgeschafft haben. Allerdings galt der Rotstift dieses Mal nicht dem Budget, sondern der Ästhetik. Das Motto lautet:
Weniger ist mehr. Karger ist intensiver. Kleiner ist größer.
Der Bärtige hätte grummelnd zugestimmt.
Text: Oliver Uschmann
Fotos: Viktor Schanz
Imperial Tunfisch:
Imperial Tunfisch kommen aus Belgien. Genauer gesagt aus dem Eupen, einem knapp 20.000 Seelen zählenden Ort in dem Teil des Landes, in dem man auch die deutsche Sprache spricht. Die Band begann früh damit auch Konzerte über ihre Landesgrenze hinaus zu spielen, Bandconteste zu gewinnen und kleinere Touren zu fahren.
Wer sich mit der Musikszene Belgiens auskennt weiß, dass es dort mehr Künstler als Milow und Triggerfinger gibt. Besonders die Indie-Szene hat einiges an Kreativität zu bieten. Imperial Tunfisch fühlen sich musikalisch dort zuhause, wo Indie auf psychedelische Momente trifft, Dynamik sich ins Unermessliche steigert und sich Töne als Ausdruck lebendiger Emotionen manifestieren.
Psychedelic Indie-Rock, der melancholische Klänge mit elektronischen Samples paart. Neben ruhigen und deepen Passagen stehen tighte Schlagzeugbeats und Basslines, die für Bewegung sorgen. Der dynamische Livesound von Imperial Tunfisch speist sich aus subtil eingestreuten Klangeffekten und hungriger Spielfreude.
Die vier Musiker, alle Anfang 20, haben vor Kurzem ihre EP “Army Of 17” veröffentlicht und möchten diese bei europaweiten Konzerten ihren zukünftigen Fans vorstellen.