Lyrik & Musik - Literatur in der Milchsackfabrik

Thu. 09. March 2017, 19:30 horas

Infos

Paul-Henri Campbell
http://www.wunderhorn.de/content/buecher/pool/978_3_88423_556_0/index_ger.html

Marcus Roloff
www.literaturport.de/Marcus.Roloff

Robert Stripling
http://robertstripling.tumblr.com/

AK 6,- Euro, erm 3,- Euro

Paul-Henri Campbell wurde 1982 in Boston (USA) geboren und schreibt Lyrik sowie Prosa in englischer und deutscher Sprache. Studium der katholischen Theologie und der klassischen Philologie in Frankfurt am Main sowie an der National University of Ireland, Maynooth, derzeit Promotion. Campbell ist Übersetzer und Managing Editor der internationalen Ausgabe der Lyrikzeitschrift »Das Gedicht Chapbook. German Poetry Now«. Er rezensiert regelmäßig Neuerscheinungen Lyrik und veröffentlichte in zahlreichen Zeitschriften wie z.B. World Literature Today, Eleven Eleven Journal, Lichtungen, Sprache im technischen Zeitalter. Zuletzt von ihm erschienen: »Space Race« (lyrikedition München 2015); »nach den narkosen« (2017) ist sein erster Gedichtband im Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg.

Zu »nach den narkosen«: Insuffizienz: Die Gedichte von Paul-Henri Campbell sind der Erfahrung eines defekten Körpers gewidmet. Der Mensch, der heute mit einer chronischen körperlichen Anfechtung zu ringen hat, ist ein permanenter oder zumindest periodischer Gast der Klinik. Er verbindet sich mit Maschinen, die sein irritiertes inneres Regen messen, verbindet sich mit geregelten Abläufen ärztlicher Behandlung, und ist deren Herausforderung. Schreibend sich darin zu behaupten, gegen die Frist des instabilen Seins, ist ein Aufruhr von nackter Diesseitigkeit. Der Defekt und die Apparate und Verfahren seiner Beschwichtigung werden Teil der Selbstverständigung. Sie zu beschreiben, zu benennen, ihrem Rumoren einen Vers abzugewinnen, ist das Bemühen, mit dem eigenen Ausdruck im Leben zu sein. Am Puls der Zeit statt am Piepen der Herzrhythmuskontrolle – beide Takte sind im Gedicht verstrickt, um die Narkose zu verlassen. Neben den Gedicht-Zyklen »nach den narkosen«, »plasma« und »medtronic KAPPA KSR 901«, die sich dem klinischen Dasein widmen, enthält der Band außerdem den Zyklus »gärten ohne menschen«, der durch die Institution der Grünanlage wandelt, diesem bürokratischen Reflex auf halbe Sehnsüchte nach Natur. Den Zyklus »martin heidegger schaltet das radio ein« treibt die Frage um nach der prometheischen Scham, ihrem Fehlen, in der Verwicklung von Technik und Philosophie. »digitales dharma, diptychen« versammelt Gedicht-Spaltungen zum Thema Sichtbarkeit und Unverfügbarkeit im Netz.

Marcus Roloff, geboren 1973 in Mecklenburg-Vorpommern, Lyriker und Übersetzer. Studium der Germanistik, Philosophie und Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. Zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien. Zuletzt erschienen die Gedichtbände „im toten winkel des goldenen schnitts“ (gutleut verlag, 2010) und „reinzeichnung“ (Das Wunderhorn, 2015). Lyrik-Übertragungen aus dem Amerikanischen und – nach Interlinearfassungen – dem Rumänischen, Serbischen und Spanischen. Seine Gedichte wurden ins Englische, Tschechische, Griechische, Niederländische, Spanische, Rumänische und Finnische übersetzt. 2009 erhielt er ein Aufenthaltsstipendium des Landes Brandenburg im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf, 2010 belegte er den zweiten Platz beim „lauter niemand Preis für politische Lyrik“. Er lebt in Frankfurt am Main.

Die Gedichte Marcus Roloffs sind Schauplätze, auf denen Beobachtung, Gedanke, Assoziation, Kritik und Rücknahme ausgefochten werden: ohne Sieger. Der müsste von außen bestätigt und sich anerkannt finden. Die Textkörper sind gewissermaßen autistisch, die Erlösung durch den Anderen bleibt aus: »Das Ich in den Texten, die ich meine und favorisiere, weiß nichts, kann nichts, zeichnet sich durch nichts aus. (...) Also da redet jemand, der völlig autistisch in sich drinsteckt, und das Draußen nur als großes leeres ›Wie‹ betrachtet. Es bezeichnet nichts. Er schreibt sich selbst, aber es gibt keinen Vergleich, der hinausführt, es gibt keine ›correspondance‹ mit irgendwas …« (Roloff) Roloff offenbart Prothesen unserer Wahrnehmung (das Raster, der Vergleich usw.), bedient sich ihrer aber nicht als Stütze. Sie zeugen nicht für ein stabiles Ich. Es deutet sich mit fragwürdigen Spuren an. »beweis dass ich sehe (ich-taste) / ich totes werkzeug stehe« – Betrachter und Objekt erscheinen als etwas Gleiches, zumindest Ähnliches und es stellt sich die Frage, ob man sie wieder auseinanderbringen kann und soll. Die elliptischen Verse experimentieren mit harten thematischen wie atmosphärischen Fügungen, die bspw. die Grenze zwischen Museum und Straße fließend machen. Objekte werden aus ihrer Verankerung gehoben; wer oder was dies mit Worten tut, muss jedes Mal neu geortet werden (»ortung aus zeitfleisch wie aus dem gedächtnis«); der Leser, der sich dieser Herausforderung stellt, wird zum Flaneur, durch Städte, Geschichte, Alltag, mitunter durch eine Galerie von Ich-Garanten, die nunmehr chimärisch sind.

Robert Stripling, geb. 1989 in Berlin, lebt in Frankfurt am Main. Seine Texte bewegen sich zwischen Lyrik und Langprosa, bei Freude untermalt er seine Worte mit Percussion und elektronischen Klängen. Mitarbeit an Produktionen des „jungenschauspielhannover“ und des „Schauspiel Frankfurt“. Bühnenauftritte seit 2007 deutschlandweit. Lyrikpreis des „Open Mike“ 2014.
Tanzhaus West
Gutleutstrasse 294 - 60327 Frankfurt - DE
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