Dieses kleine Albumjuwel verdanken wir einer Zufallsbegegnung in Indonesiens Hauptstadt Jakarta im März 2011. Drummer Steve Smith und Gitarrist Vinny Valentino spielten damals mit ihrer Gruppe Vital Information auf dem Java Jazz Festival und wollten nach dem Auftritt noch für einen Gute-Nacht-Drink in die Lounge. Schon von Weitem hörten die beiden eine furios swingende Orgel und fragten sich, wer da wohl die schwarzen und weißen Tasten drückt. In der Lounge angekommen, erblickten sie Tony Monaco, einen “unbesungenen Helden der Hammond B3”. Viel wussten sie nicht über ihn, es war ihnen jedoch immerhin bekannt, dass Monaco von Orgellegende Jimmy Smith gefördert worden und zwei Jahre lang mit Jazzgitarrist Pat Martino auf Tour gewesen war. Smith und Valentino bahnten sich durch die Herumstehenden einen Weg zur Bühne und fragten den Organisten, ob sie bei ihm einsteigen dürften. Die halbe Nacht jammte man daraufhin ausgelassen.
Dies war die Geburtsstunde von Steve Smith & The Blue Organ Trio
Zur stilistischen Ausrichtung orientierte man sich an klassischen Orgeltrios, wie sie in den 1960er Jahren auf dem Blue-Note-Label zu hören waren. Ganz anstrengungslos passten die Vollprofis mehrere Eigenkompositionen dem 50 Jahre alte Sound an, zudem arrangierten sie ein paar Jazzstandards für ihre Zwecke um. So erhielt etwa das Stück “On Green Dolphin Street”, das 1958 in der sagenumwobenen Fassung von Miles Davis zum Klassiker avanciert war, von Smiths schwungvollem Schlagzeugspiel ein federndes Latin-Feeling; Ray Nobles “Cherokee” wurde mit einem angedeuteten funky groove sehr behutsam modernisiert; das von Nat King Cole zur Unsterblichkeit geadelte “It’s Only A Paper Moon” aus dem Broadway-Musical “The Great Magoo” hielt man als zeitlose Swingnummer samt walking bass an den Fußpedalen der Hammondorgel fest.
Obwohl Smith, Monaco und Valentino so gut wie keine Zeit für gemeinsame Proben hatten, harmonieren sie auf “Groove: Blue”, als würden sie sich schon ihr Leben lang kennen. Tja, wir haben es in dem Fall eben mit Topcracks zu tun, die sich in jeder Musiksituation mühelos zurechtfinden. Die beteiligten Akteure sind mit allen Wassern gewaschen, wie ein Blick in deren Biographien belegt. Beginnen wir mit Steve Elliott Smith. Der 1954 in Massachusetts geborene Künstler bekam im Alter von neun Jahren Schlagzeugunterricht von Big-Band-Veteran Bill Flanagan. Nach der Highschool folgte eine Ausbildung am renommierten Berklee College of Music in Boston, anschließend ging Smith mit Jazzgeiger Jean-Luc Ponty auf Tour. Während er sich 1978 auf einer Konzertreise mit Rockmusiker Ronnie Montrose befand, erhielt Smith das Angebot, als Festmitglied bei Journey einzusteigen. Sieben Jahre blieb er bei den weltweit gefeierten Arenarockern, wirkte an erfolgreichen Alben mit und durfte sich über eine Reihe von Top-40-Hits freuen.Ab und zu fand Smith noch die Zeit für Studiosessions und/oder Liveauftritte mit Mariah Carey, Zucchero, Bryan Adams, Larry Coryell, Randy Brecker, Mike Stern.Er wurde vom Magazin “Modern Drummer” fünf Jahre in Folge zum besten Allround-Drummer gewählt und 2001 in die Liste der 25 besten Drummer aller Zeiten aufgenommen.
Vinny Valentino arbeitete nach seinem Musikstudium mit Jazzgrößen wie John Patitucci, Bob Moses und Steve Gadd zusammen, 1993 debütierte er auf “The Distance Between Two Lines” als Solist, mittlerweile hat er bereits zwölf Einspielungen unter eigenem Namen vorzuweisen. 2006 stieß er zu Steve Smiths Vital Information, schnell etablierte er sich dort als treibende Kreativkraft. Sein großes Vorbild George Benson bezeichnet ihn treffend als “junges Genie mit brillantem Ton und frischen Ideen”.
Tony Monaco zuguterletzt trat als Jugendlicher in Jazzclubs auf und träumte bereits damals von einer Karriere als Musiker, dieser Wunsch blieb allerdings lange unerfüllt. Um seine Familie zu ernähren, ging er lieber auf Nummer sicher und verdiente seine Brötchen in der Heimatstadt Columbus, Ohio als Restaurantbetreiber und Lebensmittelmakler. Erst nachdem Orgelkollege Joey DeFrancesco 2000 den Einstand “Burnin Grooves” produziert und die Fachwelt sein Talent bescheinigt hatte, wagte Monaco den Sprung ins kalte Wasser. Nach insgesamt acht Soloalben und Kooperationen mit Mel Lewis, Adam Nussbaum, Jon Faddis, Harvey Mason und Russell Malone ist er in Insiderkreisen längst anerkannt, die Masse der Hörer hingegen nimmt ihn leider weiterhin kaum wahr. Spätestens mit “Groove: Blue” sollte sein Status als “unbesungener Held der Hammond B3” dann allerdings endgültig Geschichte sein.