Fotoausstellung - Changje Hong (Finissage)

sam.. 14. janvier 2017, 17:00 Heure

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Auf dem ersten Blick sind es nur die Szenen, oder ein bisschen genauer gesagt, die ruhigen und schönen Naturszenen. Hübsche Landschaftsfotos kann aber eigentlich jeder Kamerabesitzer aufnehmen. Was macht also die Fotos und wie anders? Was soll ich in ihnen sehen? Aufgrund meines Unwissens habe ich ja den Fotograf Chanje Hong, der sich gerade mit diesen Serienaufnahmen beschäftigt, nach dem Sinn dieser Fotos gefragt. Was natürlich nicht so ideal ist, da jeder Zuschauer beim Sehen der Werke seine eigene Sinnenwelt konstruieren soll, wie jede Kunstkritik (‚für Dummies’) in ihrem Fazit erwähnen würde.
Kurzum: Es geht um die Szenen von Grenzgebieten. Aha, dann ist es interessant, dachte ich. Wie der Fotograf selbst stamme ich aus einem Land, wo es keine solche Grenze existiert. Mein Land, Südkorea, ist nämlich eine Halbinsel, also irgendwo auf oder in dem Meer sollten die Grenzen gegenüber Nachbarländern gegeben sein, und die einzig mögliche Grenze auf dem Land ist eine 4km dicke ‚Linie’, die einen Name von ‚Demarkationslinie’ trägt, wobei ein unerlaubter normaler Bürger schon in die Bereiche von 5-10km vor dieser ‚Linie’ nicht eintreten darf. Also die ‚Grenze’ ist für uns ehe eine fremde Vokabel, denn keine solche ist für uns sichtbar.
Er meinte, dass er die vergessenen, oder in die Vergessenheit geratenen Grenzen dokumentieren wollte. Nicht nur für uns, sondern eigentlich für jeden Europäer ebenfalls ist die Grenze ein abstrakter Begriff. Zuallererst hat sie einen politischen und gesellschaftlichen Sinn, dass sie ‚uns’ von ‚anderen’ trennen und so identifizieren soll, der aber in heutiger Europa langsam verloren geht. Es hat aber für Menschen viel an diesen Grenzen passiert und immer noch brauchen wir diesen abstrakten Begriff, egal zu welchem Zweck. Aber auf der sichtbaren Ebene sind sie nur noch schöne ruhige Landschaften, wie’s auf dieser Fotoserie zu sehen ist.
Manche waren es, wo viele Leute gestorben sind. Manche waren die letzte Hürde vor dem gemeinten Paradies – egal, ob es wahr ist oder nicht – für die Flüchtlinge. Das Dokumentieren von Vergessenheit ist immer ein wichtigster Teil seiner Fotografie, meinte er, der Fotograf Chanje Hong. Er nimmt dafür gern die Naturgegenstände als Mittel. Früher hat er solche Fotos aufgenommen, in den er seine innere Vergessenheit vor allem durch Lichtspiel und Belichtungsdauer auszudrucken versuchte. Aber mit diesen Fotos will er eine gemeinsame Vergessenheit darstellen. So ist diese neue Fotoserie unter dem Thema ‚Grenze’ entstanden.
Interessant ist, dass die Fotos vor meinen Augen nur noch ‚schön’ und ‚ruhig’ erscheinen. Die auf den Fotos zu sehenden Grenzen haben schon die meisten Funktionen verloren außer die einzig Nationalität vergebende. So waren die harten, brutalen und traditionellen Grenzen schon gestorben und er hat ihren Tod in Bilder gebracht. Laut Roland Barthes ist aber ein Foto schon „das Ereignis des Todes“1 für das aufgenommene Objekt aus seiner, sich weder als Objekt noch als Subjekt, sondern ein Objekt werdend fühlender, Position. In diesem Sinne begegnen wir hierbei einen doppelten Tod: den Tod der gestorbenen Grenze. Ob ich beim Sehen dieser Fotos über diesen Tod mich freuen soll, oder eher um die Vergessenheit trauern, weiß ich jedoch nicht.
Bodam Jeon, eine Freundin von Chanje Hong und eine lebenslange Studentin
1 Roland Barthes (1989): Die helle Kammer. Bemerkungen zur Photographie. 16. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag: S. 22.
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